Prävention von Essstörungen


Ansätze für die pädagogische Praxis

Magersucht

Die bekannteste, wenn auch nicht häufigste Essstörung ist die Magersucht. Der Fachterminus "Anorexia Nervosa" oder Anorexie beschreibt die Krankheit nur unzureichend, da viele Magersüchtige durchaus Appetit verspüren, diesen aber unterdrücken und verleugnen.

Die diagnostischen Kriterien der Magersucht werden nach den Klassifikationen der Weltgesundheitsorganisation WHO im  ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision) wie folgt beschrieben (1):

Das Körpergewicht liegt mindestens 15 Prozent unter dem erwarteten oder es liegt ein Body Mass Index Gewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße in Metern im Quadrat.
Ein normaler BMI liegt zwischen 20 und 25. Bei einem BMI unter 19 spricht man von Untergewicht. Bei einem BMI über 25 von Übergewicht. von 17,5 oder weniger vor. Dabei ist nicht relevant, ob dieses Gewicht durch Abnehmen erreicht wird oder ob die Betroffenen ihr Gewicht während der Pubertät halten, obwohl sie wachsen.

Der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch:

a) die Vermeidung von hochkalorischen Speisen und eine oder mehr der folgenden Möglichkeiten:
b) selbst induziertes Erbrechen,
c) selbst induziertes Abführen,
d) übertriebene körperliche Aktivitäten,
e) den Gebrauch von Appetitzüglern und/oder Diuretika (Arzneimittel zur Entwässerung des Körpers).

Es liegt eine Körperschema-Störung in Form einer spezifischen psychischen Störung vor: die Angst, zu dick zu werden, besteht als tief verwurzelte überwertige Idee; die Betroffenen legen eine sehr niedrige Gewichtsschwelle für sich fest. Es besteht eine hormonelle Störung, die sich bei Frauen als primäre oder sekundäre {tooltip}Amenorrhö{end-link}Das Ausbleiben der Monatsblutung. Von einer primären Amenorrhö spricht man bei einem Ausbleiben der Menarche, also der ersten Monatsblutung. Von einer sekundären Amenorrhö spricht man bei einem Ausbleiben der Monatsblutung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten, wenn zuvor ein regelmäßiger Zyklus stattgefunden hat.{end-tooltip} und bei Männern als Libido- und Potenzverlust manifestiert. Die Angaben über die Häufigkeit von Magersucht schwanken je nach Autor/in immens.

So berichtet der Schweizer Mediziner Steinhausen zwar von einem Anstieg der behandelten Fälle innerhalb der letzten Jahrzehnte, gibt als Anhaltspunkt aber die noch immer vergleichsweise niedrige {tooltip}Inzidenz{end-link}Anzahl der Neuerkrankungsfälle einer bestimmten Erkrankung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes{end-tooltip} von 8 Fällen pro 100.000 Einwohner/innen bzw. 26 Fällen pro 100.000 Einwohner/innen in der Gruppe der 10- bis 19-Jährigen an (2) .

Die Schweizer Ärztin Barbara Buddeberg-Fischer führt dagegen neuere Untersuchungen an, nach denen 0,5 bis 1,0 Prozent der weiblichen Adoleszenten von Anorexia Nervosa betroffen sind, während die {tooltip}Prävalenz{end-link}Anzahl der Erkrankungsfälle einer bestimmten Erkrankung zu einem bestimmten Zeitpunkt{end-tooltip} für junge Männer dieser Altersgruppe ein Zehntel dieses Wertes beträgt (3).

Die besonderen Gefahren der Magersucht liegen in den weitreichenden Auswirkungen auf den Körper: durch die Auszehrung entstehen eine Fülle somatischer (körperlicher) Symptome wie zum Beispiel. das Absinken der Körpertemperatur (Hyphothermie), Verlangsamung des Herzschlages (Bradykardie), eine Verminderung der weißen Blutkörperchen (Leukopenie), was zu einer Schwächung der Körperabwehr führt, sowie schwerste Elektrolytstörungen.

Die Folgen der Krankheit führen in 5 bis 10 Prozent der Fälle zum Tode (4); Gresko und Rosenvinge geben sogar Studien an, in denen die Sterblichkeitsrate bis zu 60 Prozent betrug (5).


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(1) vgl. Steinhausen, 1996, S. 173.
(2) vgl. Steinhausen, 1996, S. 174.
(3) vgl. Buddeberg-Fischer, 2000, S. 9
(4) vgl. Stein-Hilbers und Becker, 1998, S. 28.
(5) vgl. Gresko und Rosenvinge in Kolip, 1999, S. 121.



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