Prävention von Essstörungen


Ansätze für die pädagogische Praxis

Ess-Sucht

Als weitere Essstörung ist die Esssucht zu nennen, die allerdings weniger als Bulimie und Magersucht als Krankheit anerkannt wird. Betroffene von Esssucht, die auch als Fettsucht bezeichnet wird, leiden unter starkem Übergewicht (Adipositas), wobei zu bemerken ist, dass nicht alle Übergewichtigen auch esssüchtig sind (1).

Übergewicht kann in seltenen Fällen auch durch körperliche Faktoren wie zum Beispiel hormonelle Störungen verursacht werden. Als Übergewicht wird ein Body Mass Index von 25 bis 30 bezeichnet.

Ab einem Body Mass Index von 30 und mehr spricht man dagegen von einer Adipositas (2). Nach der Broca-Formel leiden Personen unter Adipositas, deren Gewicht das Normalgewicht um 20 bis 30 Prozent übersteigt (3) . Esssüchtige nehmen in überstarkem Maße Nahrung zu sich auch wenn sie keinen Hunger verspüren; ihre Appetit- und Sättigungsregulation ist erheblich gestört und sie fühlen sich ihrem Zwang nach Essen ausgeliefert und machtlos (4).

Hilde Bruch, Professorin für Psychiatrie, teilt ihre Patient/innen in zwei verschiedene Gruppen: "Bei den einen ist die Fettsucht im Wesentlichen mit der Gesamtentwicklung verflochten, die ihrerseits durch viele andere Persönlichkeitsstörungen gekennzeichnet ist. Dies habe ich Entwicklungsfettsucht genannt. Bei den anderen tritt die Fettsucht als Reaktion auf traumatische Ereignisse auf; ich habe sie als reaktive Fettsucht bezeichnet."(5)

Auch die Esssucht führt - neben den psychischen Belastungen - zu medizinischen Problemen, da das Übergewicht zahlreiche Krankheiten begünstigt. wie z.B. Herz- und Kreislaufprobleme und auf lange Sicht Diabetes, Gicht, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Gallensteine, Schlaganfälle, Gelenkleiden und Wirbelsäulenschäden (6) .

Adipositas bzw. Esssucht wird in den internationalen diagnostischen Leitlinien DSM-IV nicht als Krankheit aufgeführt, da sie "im Allgemeinen nicht mit deutlichen psychischen oder Verhaltensstörungen einhergehe"(7). Auch in den Klassifikationen des {tooltip}ICD-10{end-link}Internationale Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision {end-tooltip} wird Esssucht nicht als eigenständige Essstörung aufgeführt.

Übergewicht wird im Zusammenhang mit anderen Störungen dargestellt, so zum Beispiel als Reaktion auf belastende Ereignisse oder als Ursache psychologischer Störungen (vgl. {tooltip}ICD-10{end-link}Internationale Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision {end-tooltip} F50.4 "Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen"). Da die entsprechenden diagnostischen Kriterien fehlen, ist es schwierig anzugeben, wie viele Personen an Esssucht leiden. Zahlen zur Adipositas liegen dagegen vor: Nach Steinhausen variieren die Zahlen der Prävalenz von Adipositas sehr: eine westdeutsche Untersuchung kam auf der Basis der Bestimmung der Hautfaltendicke zu Raten von 22 Prozent übergewichtigen Jungen und 20 Prozent übergewichtigen Mädchen.

Nach einer Untersuchung des Gesundheitsamtes Halle und der Universität Jena aus dem Jahr 2000 hat sich der Anteil übergewichtiger Mädchen mit 33 Prozent seit 1985 fast verdreifacht und ist damit höher als der Anteil der übergewichtigen Jungen, der 26 Prozent beträgt(8).


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(1) vgl. Stein-Hilbers und Becker, 1998, S. 23.
(2) vgl. Beyer, 2000, S. 79.
(3) vgl. Stahr in Kolip, 1999, S. 95
(4) vgl. Stein-Hilbers und Becker, 1998, S. 23.
(5) vgl. Bruch, 1991, S. 163.
(6) vgl. Stein-Hilbers und Becker, 1998, S. 23.
(7) Stahr in Kolip, 1999, S. 95.
(8) vgl. Braunschweiger Zeitung, 28.12.2000.



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